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Oper, Schweiß und Raritäten

Der August war bei uns in diesem Jahr nicht dem Urlaub, sondern der Arbeit gewidmet. So standen in unserem kleinen Opernhaus neben schweißtreibender Sanierungsarbeit auch einige Feiern mit Opernaufführung inklusive anschließender Bewirtung auf dem Plan. Genutzt haben wir diese Zeit aber auch für die Erweiterung unserer Papiertheatersammlung. Den Schwerpunkt unseres Interesses bildeten dieses Mal Papiertheaterbögen der Verlage Scholz in Mainz und C. Burckhardts Nachfolger in Weißenburg. Ein Highlight unserer Neuerwerbungen möchten wir hier nun etwas ausführlicher vorstellen: Den Figurenbogen mit der Nummer 50 vom Mainzer Verlag Scholz.Gleich zwei verschiedene Werke deckt dieses Blatt ab: Turandot und Catharina Cornaro.


Turandot

Seit der Uraufführung von Friedrich Schillers 'Turandot' im Jahr 1802 in Weimar, inspirierte der Stoff eine Vielzahl unterschiedlicher Künstler. Es entstanden in der Folge zahlreiche Theatermusiken zur Schiller'schen Nachdichtung des Gozzi'schen Originals. So komponierten unter anderem Carl Maria von Weber (1813) und Vinzenz Lachner (1843) Bühnenmusiken für das Schiller'sche Schauspiel. Aber auch Opernkomponisten griffen immer wieder gerne auf diesen Stoff zurück. Die bekannteste Vertonung, die auch heute noch in Opernhäusern überall auf der Welt gespielt wird, stammt natürlich von Giacomo Puccini. Als Vorlage für den Figurenbogen von Scholz spielt dieses Werk selbstverständlich keine Rolle. Zwar greifen fast alle Turandot-Bearbeitungen auf Schiller in der einen oder anderen Weise zurück, aber nur in einem einzigen Libretto spielt die Handlung nicht in einem märchenhaften Peking. Im Libretto von Julius von Zerboni di Sposetti zu Turandot, Prinzessin von Schiras, wird der Stoff nach Persien verlagert. Johann Vesque von Püttlingen schrieb unter dem Pseudonym Johann Hoven die Musik zu diesem Werk. Die Uraufführung fand 1838 im Wiener Kärntnertortheater statt. Die persischen Kostüme der Protagonisten auf dem Figurenbogen als auch die dort zugeordneten Namen lassen keinen anderen Schluss zu, als dass der Scholz'sche Bogen genau zu dieser Oper angefertigt wurde. Aus dem altchinesischen Fabelkaiser Altoum wurde nur in dieser Oper der persische König Orosman. 1840 erschien ein Klavierauszug in Leipzig und Wien. Schott veröffentlichte 1843 das Libretto samt Klavierauszug in Mainz. Zeitlich passt 1843 auch perfekt als Erscheinungsjahr für den Erstdruck des Figurenbogens, wenn man die Catharina Cornaro auf dem unteren Teil mit in die Überlegungen zur Datierung einbezieht.


Catharina Cornaro

Georg Garde hat schon in seiner „Theatergeschichte im Spiegel der Kindertheater“ überzeugend dargelegt, dass die Figurinen für Catharina Cornaro auf den Kostümen der Münchner Uraufführung von 1841 basieren. Lediglich bei der Nummer ist Garde ein kleiner Fehler unterlaufen. Der Bogen trägt nicht die 30, sondern die 50. Die Musik für diese Oper stammt von Franz Lachner, das Libretto von Alois Büssel. Büssel griff auf eine Vorlage von Jules-Henri Vernoy de Saint-Georges zurück, die auch Fromental Halévy für seine Oper La Reine de Chypre verwendete. So interessant es zweifellos ist, dass im selben Jahr zwei Komponisten ein- und dieselbe Vorlage für ihre Werke verwendeten, so unterschiedlich sind doch beide Opern letztendlich ausgefallen. Schon ein oberflächlicher Vergleich beider Libretti zeigt, dass Büssel sehr frei mit Saint-Georges' Vorlage umgegangen ist. Die auf dem Figurenbogen abgebildeten Charaktere Marco (Bernero) und Onofrio kommen übrigens nur in Lachners Werk vor. Auch Donizettis 1844 uraufgeführte Bearbeitung dieses Stoffs kennt diese beiden Protagonisten nicht. 2018 erschien übrigens eine Gesamtaufnahme von Franz Lachners Werk auf CD, die auf einer Live-Aufnahme im Münchner Prinzregententheater im Jahre 2012 basiert. Da es eher unwahrscheinlich ist, dass diese im 19. Jahrhundert so erfolgreiche Oper wieder unsere Spielpläne erobert, liegt eine Papiertheateraufführung in den eigenen Wänden eigentlich ziemlich nahe. Den Figurenbogen von Scholz gibt es jedenfalls als Reproduktion in unserem Verlag. Zur Zeit erscheinen übrigens wieder fast täglich Neuerscheinungen.

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